Andrew Norman Wilson

Ode to Seekers 2012

* 1983 in La Paz, MEX, lebt und arbeitet in Pasadena, USA

Willkommen auf einer Führung durch die Korridore des Schreckens! Willkommen in einer Welt, die nichts mehr ist als eine verlassene Anstalt, in der die traumatische Zerstörung menschlichen Bewusstseins belohnt wird, wo wir am Ende nichts anderes sind als farblose Objekte, gefangen in endlosen Schleifen der kapitalistischen Perversion moderner Machtverhältnisse, gefangen in Angst und Abhängigkeit. Wir schweben dahin, fremdgesteuert, durch die Korridore unseres Bewusstseins, überflutet von Wahrnehmungen, wartend auf die nächste Injektion.
Entstanden auf der Basis persönlicher Erfahrung, vermittelt die als eine Endlosschleife konzipierte Videoarbeit von Andrew Norman Wilson eine zutiefst ehrliche Offenbarung, eine allegorische Darstellung der subjektiven inneren Wahrheit über unsere Existenz, über die Destabilisierung von Individualität.
In einem Spannungsfeld zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Fortschritt angesiedelt, zwischen real und surreal, vermischen sich Steadycam-Aufnahmen mit Pyrotechnik, Computer Generated Imagery und 3D-Animationen. Inspiriert von John Keats’ Ode on a Grecian Urn (1820) übernimmt Wilson Visualisierungsstrategien aus der klassischen Literatur. Er gliedert sein Video in drei Teile, wo Leitmotive, Unterthemen und Agens zusammen agieren und ein komplexes Konstrukt gedanklicher Strukturen reflektieren. Mücke, Spritze und Ölpumpe stellen hier die zentralen Bedeutungsträger dar, die im allegorischen Sinne mit Krankheit, Anfälligkeit und Konsumabhängigkeit assoziiert werden. Wilson unterlässt bewusst die direkte Kritik. Stattdessen eröffnet der Künstler mit seinem düsteren Sarkasmus einen breiten Interpretationsspielraum, integriert die Zuschauer*innen und macht sie zu teilnehmenden Beobachter*innen des Geschehens.
Das Verzichten auf Vor- und Abspann unterstützt konzeptuell die Idee der Endlosigkeit. Konträr zu der düsteren Auffassung wirkt die musikalische Untermalung. Während der Pop Song I Love It im Hintergrund läuft, zelebrieren die Mücke, die Spritze und die Ölpumpe den Genuss des Konsums. Der Songtext wirkt dabei wie eine sarkastische Ergänzung.
Krankheit, Sucht, Konsum, ein Rauch, dessen sattes Gelb an Schwefel erinnert. Ode to Seekers 2012 zeichnet sich durch eine poetische Visualisierungsstruktur, dynamische Sequenzabfolgen, Allegorie und Rhythmus aus.

Ivon Valchanova

Artist Statement
In my current work I combine scientific and narrative techniques to create effects through which the historically delineated practices of “science” and “culture” become indistinguishable. By harnessing certain formal and conceptual potentials from each domain, technical materials become illusory while cultural material is opened up for analysis. Rather than communicating anything specific to viewers, I seek to guide their attention towards their own experiences of (partial) sensing, (limited) thinking, and (dis)identification.
The work amounts to an ethical disturbance in which the involvement of intelligent, amoral actors complicates a humanist legacy that understands the world as having been given for our needs and created in our image. From these revisionary vantage points, this stagnant legacy reveals itself as contradictory, amounting to an ecologically murderous, even suicidal tendency.

Andrew Norman Wilson