Eric Baudelaire

Walked the Way Home

* 1973 in Salt-Lake-City, USA, lebt und arbeitet in Paris, FRA
studierte an der Brown University in Providence, USA

Die Kamera vor sich haltend durchschreitet Eric Baudelaire Rom und Paris und nimmt dabei Sequenzen von Soldat*innen auf, die sich in Paaren oder in kleinen Gruppen durch die Metropole bewegen. Sie sind schwer bewaffnet, wirken jedoch zumeist entspannt, beobachten ihre Umgebung oder sind in Gespräche verwickelt. Um sie herum bewegen sich wie selbstverständlich Menschen, die ihrem Alltag nachgehen und die Straßen bevölkern. Sie sind teilnahmslose Passant*innen, unschuldige Zivilist*innen, Bewohner*innen der Stadt und Tourist*innen.

Für den Titel Walked the Way Home ließ sich Baudelaire von Alvin Currans gleichnamiger Komposition von 1973 inspirieren, deren melancholischer Tonus die Tragik der Thematik ins Gedächtnis ruft. In der visuellen Sprache des Videos zeigt Baudelaire das Aufeinandertreffen: von sich und der Stadt, von Bewaffneten und einer zivilen Bevölkerung. Das Hochformat verknüpft die Sicht auf die Stadt mit dem natürlich gewordenen Blick durch die Smartphone-Kamera, die eine tägliche Dokumentation sämtlicher Ereignisse im persönlichen Kosmos ermöglicht. Ihre Linse trifft dabei immer wieder die Augen der Soldat*innen und stellt Kontakt zwischen den gegensätzlichen Parteien her. In Slow Motion wird dabei jedes Detail sichtbar. Jeder Blick, jede Begegnung, jeder Schritt wird mit Bedeutung versehen und jedes vermeintliche Zucken des Fingers am Abzug vergeht im Fluss der Bewegung.

Die Präsenz der Soldat*innen und Polizist*innen, die die Kameralinse wie selbstverständlich immer wieder in den Fokus nimmt, würde dem alltäglichen, gedankenverlorenen Blick beim Flanieren durch die Stadt womöglich entgehen. Der Anblick der Sicherheitskräfte hat sich schließlich in das Bild der Metropolen eingeschlichen und ist zum Normalzustand geworden. Tatsächlich sind die Bewaffneten jedoch ein Symptom des Terrors, der Paris beispielsweise 2015 im Bataclan und in der Redaktion von Charlie Hebdo heimsuchte und für Rom durch die Drohungen des IS konkret wurde. Sie markieren nicht nur ein Bedürfnis nach Sicherheit, sondern auch die Verwundung und die Narben, die die Anschläge in der Bevölkerung hinterlassen haben und die bis heute nicht verheilt sind.

Baudelaire greift in seinen zumeist medienbasierten Arbeiten regelmäßig den Themenkomplex der Geschichtsschreibung auf und überlagert und konfrontiert ihn mit individualisierenden Komponenten. Die künstliche Stringenz einer nationalen Geschichte verwebt sich mit persönlichen Chroniken und löst die Eindeutigkeit zugunsten einer Vielfalt von Bedeutungen und einer Perspektivierung von Wahrheit auf.

Jana Bernhardt

Artist statement
In the 1980s and 1990s, soldiers started appearing on the streets of Paris and other French cities, in public spaces, at regular intervals. It was part of 'Operation Pirate Vigil' and it usually lasted a few months after a terrorist attack occurred, then the soldiers disappeared until the next attack. In 2015, they appeared in great numbers ('Operation Reinforced Pirate Vigil') and stayed a while. They are still around, three years on. These are short videos that I shot on my way home from the studio in Paris. I kept the habit of filming around my studio and my home when I moved to Rome. Then I met Alvin Curran, an American musician who has been living in Rome since the 1960s. His 1973 song «Walked the Way Home» inspired me to edit these images into a little film, titled after Alvin’s song.

Eric Baudelaire