Nina Fischer & Maroan el Sani

Freedom of Movement

Nina Fischer:
* 1965 in Emden, GER
studierte an der Universität der Künste Berlin, GER, der Rietveld-Academie in Amsterdam, NED, und der Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin, GER

Maroan el Sani:
* 1966 in Duisburg, GER
studierte an der Freie Universität Berlin, GER

beide leben und arbeiten in Berlin, GER

Eine Stimme aus dem Off erzählt im ersten Video der Dreikanal-Installation, wie Abebe Bikila 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom die erste Goldmedaille für Subsahara-Afrika gewann und zum Symbol für die Befreiung vom Kolonialismus wurde. Der für den Film nachgestellte Siegeslauf fließt in Slow Motion in das Werk ein und betont noch einmal die Relevanz jedes einzelnen Schrittes von Abebe Bikila. Archivvideos aus der Zeit des faschistischen Italien unter Benito Mussolini, des Angriffs auf Abessinien (heute Äthiopien) sowie des Raubes abessinischen Kulturgutes durch diesen verdeutlichen die Dimension von Bikilas Sieg. Eine zentrale Stellung im Film nimmt auch die durch Mussolini geschaffene Architektur in Rom ein, wie das Foro Italico und das Viertel Esposizione Universale di Roma (EUR). Letzteres sollte nach Mussolini die Weltausstellung 1942 beherbergen und zudem als Prototyp für die Hauptstadt einer Kolonialmacht dienen, als die sich Italien verstanden wissen wollte. Städtebaulich verband es das Zentrum Roms über die Viale Cristoforo Colombo mit dem Meer nach der faschistischen Direktive »Rom ans Meer«. Der Film fragt nach dem Umgang mit diesem Erbe. In den zwei weiteren Filmen wird die Historie vermehrt mit der Gegenwart verwoben. Das Laufen beschreibt der Film als Symbol für das Streben nach Sicherheit und Chancen, wofür viele Menschen ihr Land verlassen. Der Protagonist läuft mit Bikilas Nummer 11 vom Meer über das Viertel EUR zum Foro Italico im Zentrum Roms, was an die faschistische Direktive, aber auch an die Ankunft von Geflüchteten am Meer und ihren Weg in die Stadt erinnert. Die Nummer 11 zeugt wiederum von Triumph. Der Film zeigt auch einen Chor, der auf dem Colosseo Quadrato im EUR über dem im Gebäude eingemeißelten Zitat aus der Rede Mussolinis steht, in welcher er Äthiopien den Krieg erklärte. Dieses Zitat singt der Chor in veränderter Form: »Wir kommen aus Nationen von Dichtern, Künstlern, Helden, Heiligen, Wissenschaftlern, Seefahrern und Migranten«. Mit der Rekontextualisierung der Architektur macht das Werk auf die Vielfältigkeit in der Gesellschaft und auf unsere gemeinsame Geschichte aufmerksam. Der Protagonist kommt schließlich auf einem Sportplatz zum Stehen, wo er auf eine Formation laufender Männer trifft. Die gold-silberne Wärmefolie in ihren Händen erinnert an die Ankunft von Geflüchteten am Meer, aber auch an stolze Fahnenträger bei Olympischen Spielen. Mit einem langen Blick des Protagonisten in die Kamera endet die Arbeit.

Anna Fröse

Artist Statement
With our work we focus on the phenomena of fragmented realities through nonlinear narratives in various media such as film, video, intervention, installation and photography. We reflect the rise and fall of modernity, the intense relationship between our contemporary society and utopian projects that have driven the evolution of our history, from the past to the future. Our work is a permanent pursuit of and negotiation with the transition of time.
In our work
Freedom of Movement, we are examining the complexity of ideological, political and architectural implications of Bikila’s 1960’s Olympic gold medal run to this day. Evoking the Olympic marathon from Rome 1960, in which the Ethiopian runner Abebe Bikila conquered the African continent’s first gold medal, running barefoot and becoming a sporting legend and a symbol of the Africa that was freeing itself of colonialism, we have recontextualised amidst Rome’s rationalist architecture, a new race involving refugees and immigrants staking a claim to their “freedom of movement”, also understood as the possibility of being welcomed in another country. The narrative aims at linking the stories of the 1960’s marathon, the current migration crisis and the silent language of Rome’s controversial modernist architecture.

Nina Fischer & Maroan el Sani