Saara Ekström

Amplifier

* 1965 in Turku, FIN, lebt und arbeitet in Turku, FIN
studierte an der Turku Arts Academy, FIN, und der Northern Arizona University in Flagstaff, USA

Schwarz-weiße, körnige 8mm-Aufnahmen zeigen in statischen Einstellungen den massigen Bau des 1938 vollendeten Olympiastadions in Helsinki, Finnland. Seit 2016 befindet sich die unter Denkmalschutz stehende Sportstätte im Umbau und soll voraussichtlich 2019 wiedereröffnet werden. Die hinterlegte Tonspur, auf die sich auch der Titel der Arbeit bezieht, verstärkt und verzerrt kleinste, kaum wahrnehmbare Geräusche zu einem dem Bild ebenbürtigen Klangteppich.
Ekström verwebt die Aufnahmen der funktionalistischen Architektur und utopischen Idee des Baus aus einer längst vergangenen Zeit mit denen eines maskierten Tänzers (Heikki Vienola), der mit seinem Körper und seinen Bewegungen diesen Ort erkundet. Der starren, leblosen Architektur, der ihrer Funktion beraubten Stätte, der verfallenen Hülle des sich in der Renovierung befindlichen Stadions mit seinem kalten, anorganischen Baumaterial wird der lebendige, bewegte, erhabene Körper des Tänzers entgegengesetzt. Die Arbeit befragt die Beziehung und das Zusammenspiel zwischen Mensch und Ding, zwischen Ruhe und Aktivität, Vergangenheit und Zukunft. Immer wieder fokussiert die Kamera auf Spuren, die der Mensch hinterlassen hat: die zum Teil abgebauten Holztribünen, leere Arbeitsplätze, geschliffene Stellen in ansonsten unbehandelten Felsblöcken.
Die analoge Kamera als Erkundungsmedium zeitlicher Prozesse dient Ekström dabei als Instrument zur Reflektion über Zeitlichkeit, Vergessen und Erinnerung, aber auch Täuschung und Illusion. So lässt sie im Video einzelne Sequenzen rückwärts ablaufen, schafft räumliche Illusionen durch den Einsatz von Split Screens und erzeugt durch Schnittfolgen Assoziationen, etwa zwischen Nahaufnahmen von Schusspatronen und Löchern in Felsblöcken auf der Stadionbaustelle. Auf die Spitze getrieben wird der spielerische Umgang mit Realität durch das Filmen kleiner Zauberkunststücke: Ein Schlüssel erscheint aus dem Nichts; ein Fossil verwandelt sich in eine Uhr, in einen Stein; ein finnischer Orden zerfällt zu Staub. Der kühle Stadionbau verwandelt sich in einen mit Symbolen aufgeladenen, surrealen Ort. Das Szenario erscheint als Hybrid zwischen Traum und Realität, untermauert durch die überdeutlich wahrnehmbaren Geräusche und den futuristisch maskierten Tänzer, dessen Bewegungen an den avantgardistischen Ausdruckstanz oder nicht-westliche Tanzformen erinnern. Dahinter steht auch die Frage nach unserer Identität. Was bleibt? Was ist unsere Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft?

Alexandra Südkamp

Artist Statement
Perishing, temporality, and the stratification of time and history are themes that reoccur in my films and photographs. I am interested in the magnetism and anxiety surrounding a collapse, and of communicating through a narrative based on images, symbols and associations. Amplifier is a film about the Helsinki Olympic Stadium, which opened in 1938 to host Olympic games that never took place. It is also an observation of specific places significance as metaphors and condensations of a certain time and space – in this case a progressive era and blind utopian faith in the future, which catastrophically crashed into chaos. I rented a studio at the stadium and when the building was emptied for a major renovation, I filmed and stored the monumental structure as it was – exposed, bruised and saturated by time. In addition, I worked with a dancer and a magician who would scan the open quarries and broken rows of benches in search for signs of a forgotten past, as the renovation / destruction proceeded.

Saara Ekström