Maryam Tafakory

زخم (Absent Wound)

* 1987 in Shiraz, IRN, lebt und arbeitet in London, GBR
studierte an der Oxford University, Oxford, GBR

Absent Wound ist die visuelle Stimme einer Frau, die sich dagegen wehrt, als Frau ausgegrenzt, diskriminiert oder in ihrer Bestimmung festgelegt zu werden. Die Aufnahmen stammen aus einem Zoorkhuneh, einem iranischen Krafttrainingsraum, und dem angegliederten Gemeinschaftsbad – Örtlichkeiten, die für Frauen im Iran traditionell nicht zugänglich sind. Überlagert sind diese Bilder mit narrativen Texten in englischer und persischer Sprache, teilweise durchgestrichen, als wolle die Frau das Geäußerte wieder zurücknehmen oder nicht gelten lassen. Ein weibliches Flüstern und Umgebungsgeräusche wie Trommeln oder fließendes Wasser bilden die Tonebene.
Zoorkhunehs gehören zur iranischen Kultur, und die dort vollzogenen Rituale, eine Mischung aus Kampfsport und Tanz, zählen zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Im Streben um Gleichberechtigung werden sie aber auch immer wieder als Sinnbilder einer männerbestimmten Gesellschaft herangezogen, etwa von der Sängerin Maryam Akhondy oder der Videokünstlerin Anahita Razmi.
Maryam Tafakory setzt in Absent Wound dem bunten Treiben der Männer im Zoorkhuneh das intime, fast einsame Dasein einer jungen Frau in dem Bad entgegen, das in seinem armseligen Zustand äußerlich sehr hinter dem schmucken Trainingssaal abfällt. In der Inszenierung der Bilder und den Arrangements einzelner Gegenstände schafft es Tafakory dennoch, dem Raum einen ästhetischen Wert zu verleihen. Die Frau bleibt anonym, Kameraausschnitt oder rudimentäre Türen verdecken Körper und Gesicht, nur ihre Hände und nackten Füße sind sichtbar. Verstörend kommt hinzu, dass zwischen ihren Füßen Blut tropft, Schüsseln mit Blut auftauchen, blutige Tücher herumliegen – »I am not ill, nor wounded by spear« lautet der Text dazu. Hier wechselt die Erzählebene von der Beschreibung der äußeren Umgebung hin zu einer innerlichen Befindlichkeit, einer Wut, einem Widerstand, der in dem Frauwerden und dem Frausein begründet liegt: »impure, sinful, fragile, vulnerable – a woman«. Die monatliche Erinnerung daran, was die Bestimmung einer Frau angeblich ist, nährt die tiefe Ablehnung gegen die Ansicht, der weibliche Körper diene nur der Reproduktion. Unter Verwendung von kulturhistorischen Untersuchungen zum Thema Menstruation, wie aus Simone de Beauvoirs’ Das andere Geschlecht, wird die Revolte gegen diese Tradition unterstützt. Diese Wunde, wann wird sie sich schließen?

Elisabeth Wynhoff

Artist Statement
Incorporating a fragmentary “I” through first-person narrative, a sense of the self unfolds in a shifting series of gestures and bodies. I bring into proximity a collage of visual and textual materials that sometimes do not function well; negating each other, they remain in a perpetual conflict, undoing and outdoing one another. Staging in-authentic subjectivities, I represent the self as a performance, in a fragile, incomplete and fractured narrative. The personal and the essayistic in my work, attempts to emphasise the uncertainty, plurality, and precarious nature of itself, whilst producing a dialogue between presences & absences, the veiled & unveiled, the singular (the self) & the plural (the universal) and the other. Blood is a symbol of heroism, yet it also represents pain and is a disturbing form of human confrontation with one’s own internal bodily fluids. What happens when the blood associated with menarche becomes a form of resistance? Absent Wound depicts the dichotomy between two spaces, whilst revealing a shared sense of coming to terms with corporeality, its rituals and tribulations.

Maryam Tafakory