Mahdi Fleifel

I Signed The Petition

* 1979 in Dubai, ARE, lebt und arbeitet in Helsingor, DEN
studierte an der National Film and Television School in Beaconsfield, GBR

Zerrissen zwischen Zweifel und Überzeugung sucht ein Künstler mit palästinensischen Wurzeln Rat bei einem Vertrauten, nachdem er eine Petition unterzeichnet hat, die ein Konzert der britischen Band Radiohead in Israel boykottiert. Das Telefonat der Freunde handelt von der niederschmetternden Machtlosigkeit und der ironischen Absurdität, stetig Bestandteil eines Konflikts zu sein, der seit Jahrzehnten vorherrscht.
Parallel zum Dialog offenbart sich den Betrachtenden eine Szenerie, die zunächst eine geschützte, ruhige Atmosphäre dokumentiert: Warmes Licht fällt durch die Fenster, die die Sicht auf eine vertraute Wohnsiedlung zulassen. Gezeigt wird ein helles, sortiertes Heim, in dem sich Schreibtische und Arbeitsmaterial befinden. Diese ruhige, geordnete Umgebung steht in einem markanten Kontrast zu Bildern von verlassenen, düster anmutenden Gassen, privatem Filmmaterial von Demonstrationen und nebulösen, blassen Aufnahmen von Flüchtlingslagern und Siedlungen. Das Gezeigte bewegt sich konstant in einem Spannungsverhältnis zwischen Schutz und Verletzlichkeit: Alte und neue Heimat vermischen sich miteinander, Vergangenheit und Gegenwart werden gegenübergestellt und verschwimmen. Blicke aus dem Fenster lassen uns die Gedankenwelt einer Person nachvollziehen, die sich physisch in sicherer Umgebung, emotional dennoch inmitten eines Konflikts befindet. Die Zuschauer*innen fallen in die Position stiller Voyeure, und fast nebenbei entsteht das Gefühl, die Facetten des inneren Zerwürfnisses des Protagonisten nachempfinden zu können. Der beobachtende Blick fällt auf Fotos aus der Kindheit, auf Bücher und Recherchematerial. Sodann erscheint eine feminine Figur, die wie ein Schatten ihrer Umgebung zu sein scheint. Es wirkt beinahe so, als würde sie in die Dunkelheit abtauchen und schließlich ganz von ihr absorbiert werden.
Mahdi Fleifel setzt sich in seinem Schaffen mit der zerbrochenen Realität tausender Menschen auseinander, die mittelbar und unmittelbar Teil von Auseinandersetzungen in einer Region sind, die seit Dekaden nicht zur Ruhe kommen möchte. I Signed The Petition konfrontiert uns auf subtile Weise mit der Frage, ob eine einzelne Stimme angesichts von anhaltenden Ungerechtigkeiten schweigen oder sprechen sollte. Der Film ist sowohl die Skizze einer politisch konfliktgeladenen Situation als auch ein Eingeständnis starker persönlicher Überzeugungen und tiefsitzender Ängste. Nicht zuletzt demonstriert er Haltung und die damit verbundene Hoffnung auf Veränderungen.

Joana da Silva

Artist Statement
I was asked to sign a petition and encourage the UK band Radiohead not to play their concert in Tel Aviv, and thus - not to associate with a country that has been occupying stolen land, and has continued to build illegal settlements on that land for the past five decades. Today there are more than 700.000 illegal settlers in the occupied territories, and the number is growing day by day.
As a filmmaker I’ve never seen myself as an activist, so I hesitated - should I or should I not sign this petition? And, what difference does it really make?
Nevertheless, as a European citizen who cares about our human rights and equality for all, and as someone of Palestinian origin, I figured I should really sign this petition. And I did.
What follows is a private conversation between myself and my friend Faris. It’s a conversation that I imagine many Palestinians are having among themselves. Some of you may agree with what’s said, and some of you may not. In the end this is all my personal opinion.
In making this short, I had to confront my own fears as to whether I could and should be silent in the face of injustice. And I have no regrets, because seeing how people have responded to the film has given me great hope.
Martin Luther King once said, “There comes a time when silence is betrayal” - and I’m glad I didn’t betray myself on this one.

Mahdi Fleifel